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AutorenbildHelga Baier

Wenn alte Grabsteine erzählen könnten.....

Aktualisiert: 9. Juni 2022

Erschienen vom 17. - 27. November 2021 in der Landshuter Zeitung

Teil 1

Buchenthaler

Grabstätte Familie Finsterhölzl


Auf dem alten Bruckberger Friedhof rund um die Kirche St. Jakobus d. Ältere stehen noch viele denkmalwürdige Grabsteine aus vergangenen Zeiten. Einige Schicksale und Ereignisse, die dahinter versteckt sind, hat der Bruckberger Heimatpfleger Vitus Lechner erforscht und kann über teils schaurige Begebenheiten berichten. Die Pfarrkirche und der Friedhof stammen aus dem 12. Jahrhundert.



In der Nähe des Haupteingangs steht einer der ältesten Grabstellen.Sie gehört der Familie Finsterhölzl, die bereits eine seit Jahrhunderten nachweisbare Präsenz in der Gemeinde hat. Georg und Barbara Finsterhölzl wurden schon 1644 als Besitzer des „Buchenthaler“ Hofs genannt, darauf folgten Matthias und Maria Finsterhölzl um 1660.

In früheren Zeiten hatte der Hausname eine große Bedeutung, dies beweist auch die Eintragung der ersten beiden Kinder mit Matthias und Maria „Puchenthaler“ als Eltern. Erst bei den später geborenen Kindern wurde der Name der Eltern mit Matthias und Maria Finsterhölzl angegeben. Der Hausname „Buchenthaler“ kommt wohl von „Buchen“ im „Thal“. Der Hof ist heute denkmalgeschützt und ist einer der ältesten Höfe im Gemeindegebiet.



Teil 2

Morde am Fastensonntag

Grabstätte Familie Sirtl





Heutzutage lässt es sich in der Gemeinde gut und sicher leben - das war allerdings nicht immer so. In der Vergangenheit war das Gemeindegebiet von Bruckberg immer wieder Schauplatz von grausamen Morddelikten. Auch auf dem Friedhof der Bruckberger Pfarrkirche erinnert eine Grabinschrift an einen heimtückischen Doppelmord.

Anfang des 20. Jahrhunderts war es eine Selbstverständlichkeit, dass an jedem Fastensonntag nachmittags eine Ölbergandacht mit der Fastenpredigt in der Pfarrkirche besucht wurde. So war auch der Wimmerbauer von der Bruckbergerau, heute Gasthaus Sirtl, mit Angehörigen und Nachbarn am Passionssonntag, den 22. März 1908 auf dem Weg zur Bruckberger Pfarrkirche.

Die Wimmerbäuerin Amalie Sirtl blieb an diesem Sonntag Nachmittag zu Hause, da das 3. Kind der Familie, der 5-jährige Sohn, krank im Bett lag. Die 31-jährige Amalie Sirtl war in der Küche beschäftigt, wo neben dem warmen Ofen auch das Bettchen ihres kranken Kindes stand. Vielleicht hatte schon jemand beobachtet, dass die hübsche Bäuerin auf dem Hof blieb.

Kurz nach 13.30 Uhr muss der Täter das Wimmer Anwesen aufgesucht haben. Der ungebetene Besucher wollte der Frau wohl Gewalt antun, sie muss sich mit aller Macht gewehrt haben, daraufhin stach der Täter mehrmals mit dem Messer auf sie ein. Die schwerverletzte Frau versuchte noch zu flüchten, wurde aber vom Täter am Fenster mit mehreren Revolverschüssen ermordet. Das kranke Kind musste die Ermordung seiner Mutter miterleben. Vermutlich war der Täter in der Familie kein Unbekannter und um nicht verraten zu werden, ermordete er auch das kleine Kind auf brutalste Weise.

Stunden später betrat ein Nachbar das Haus und entdeckte die abscheuliche Bluttat. Die blutbespritzte Küche mit den beiden Leichen muss ein entsetzliches Bild des Grauens dargeboten haben. Die Nachricht der Ermordung ging wie ein Lauffeuer durch die ganze Bevölkerung in der Gegend.

Die Polizei in Landshut wurde benachrichtigt, die sofort die Ermittlungen aufnahm. Als mutmaßlicher Täter wurde kurz darauf der Bader Jahn verhaftet. Ein Bader schnitt Haare, behandelte Zähne und Verletzungen und wurde auch bei einfachen Krankheiten ins Haus gerufen. Dieser ledige Bader Jahn führte von Berufswegen immer scharfe Messer mit sich und besaß auch einen Revolver. Er hatte den Ruf, besonders Frauen gegenüber, aggressiv zu werden. Deshalb fiel der Verdacht rasch auf ihn und er kam in Untersuchungshaft. Es gab jedoch Zeugen, die den Bader zur Tatzeit in einem Gasthaus in Bruckberg gesehen hätten und später in einem Gasthaus in Gammelsdorf Tarok spielen. Nach 3 Tagen kam er wieder auf freien Fuß. Hinter vorgehaltener Hand gab es viele Gerüchte, aufgeklärt wurden diese Gräueltaten jedoch nie.



Teil 3

Luxuszug 16 brachte den Tod

Grabstätte Familie Satzl



Ein tragisches Unglück versteckt sich hinter dem Grabstein der Familie Satzl. Am Bruckberger Bahnhof ereignete sich am 30.12.1912 ein schweres Eisenbahnunglück, bei dem 4 Menschen getötet wurden. In den Personenzug Nr. 1013, der von München um 16.47 Uhr abfuhr, stiegen in Moosburg noch mehrere Personen zu, die in das 8 km entfernten Bruckberg fahren wollten. Unter ihnen befand sich die Bahnhof Restaurateurswitwe Cilly Satzl, frühere „Haltwirtin“ von Bruckberg, mit ihrer 5-jährigen Tochter, der 50-jährige Wirt Wiesheu von Katharinazell und ein Schuhmacher von Sielstetten. Der Zug muss vorschriftsmäßig ungefähr 22 Meter außerhalb der Station Bruckberg halten, um den Luxuszug 16 auf seiner Fahrt von Regensburg nach München passieren zu lassen.

Diese Vorsichtsregelung wurde zur Sicherheit der in Bruckberg aussteigenden Gäste verfügt. So geschah es auch an diesem Tag vor Silvester, als der Zug am Signal hielt. Die Beweggründe, warum die vier Fahrgäste aus Bruckberg ausstiegen, liegen im Dunkeln. Vielleicht dachten sie nicht an diesen Sonderhalt, glaubten den Bahnhof noch vor dem Eintreffen des Schnellzugs zu erreichen, oder meinten bereits an der Station zu halten, weil sie in der Dunkelheit nichts erkennen konnten. Unglücklicherweise gingen sie auf dem Bahndamm Richtung Bahnhof weiter, als nach wenigen Metern der Luxuszug angebraust kam. Gellende Schreie und ein „Jesus Maria“, dann hatte die Lokomotive die vier Fußgänger erfasst. Für die Helfer bot sich ein schauriger Anblick. Der Schuhmacher konnte noch lebend geborgen werden, aber auch er verstarb kurz nach seiner Einlieferung in das Moosburger Krankenhaus.

Bei seinen Nachforschungen entdeckte der Heimatpfleger Vitus Lechner eine Verbindung zwischen Cilly Satzl´s Sohn aus erster Ehe und der Familie Weger. Die 17-jährigen Söhne beider Familien gehörten zu den ersten Auswanderern nach Amerika.



Teil 4

Bäcker und Auswanderer

Grabstätte Familie Weger




Eine besondere Geschichte hat das Grab der Familie Weger - es erzählt von einer Bäckerei und einem Namen, der in Amerika weiterlebte.

Im Oktober 1878 erwarben Michael und Maria Weger vom Kirchenwirt in Bruckberg einen Bauplatz, um ein Wohnhaus und eine Bäckerei zu bauen. Die Eheleute Weger hatten drei Kinder. Nach dem Tod der Ehefrau Maria führten der Ehemann Michael Weger und sein Sohn die Bäckerei weiter. Leider kam es 1898 zu einer Zwangsversteigerung des Gebäudes. Georg Kleiter erwarb die Bäckerei für 7740 Mark, die Familie Weger konnte die Bäckerei jedoch weiterführen. Als der Sohn 1910 starb, heiratete die Witwe im selben Jahr den Bäcker Rudolf Wohlmuth, der auf der Wanderschaft nach Bruckberg kam und in der Bäckerei ausgeholfen hatte. Wohlmuth war in Niederösterreich geboren, so wurde er in Bruckberg nur der „Österreicher“ genannt. 1919 kauften Rudolf und Maria Wohlmuth das Bäckereianwesen von Georg Kleiter um 11 000 Mark wieder zurück. Familie Wohlmuth führte die Bäckerei über Generationen weiter und ist der älteren Generation in Bruckberg noch ein Begriff. 1977 übernahm das Ehepaar Günthner die Bäckerei.

Es war ein großes Ereignis, als der 17-jährige Johann Weger zusammen mit dem gleichaltrigen Metzger Ludwig Bahmann im Jahre 1913 seine Heimat verließ und als erste Auswanderer nach Amerika aufbrachen. Ludwig Bahmann war der Sohn von Cilly Satzl, die 1912 bei dem tragischen Zugunglück am Bruckberger Bahnhof ums Leben kam. Johann Weger hat in Amerika geheiratet und in Rochester eine Bäckerei gegründet.




Die Zeitung in Rochester berichtet über den Tod von John Weger. Er starb am 25. Januar 1965 nach einem Herzanfall.



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