Erschienen in der Landshuter Zeitung - Helga Baier
In der Kirche St. Michael fanden die 200 Neujahrswanderer kaum Platz. Mit Heimatpfleger Vitus Lechner ins neue Jahr aufzubrechen, ist für viele Wanderfreunde schon zur Tradition geworden. Die wunderschöne Kirche von Tondorf zeichnet sich durch ihr Patronat als Urkirche aus. Um 1200 soll an Stelle einer hölzernen Kirche ein Gotteshaus aus Stein entstanden sein, die in den folgenden Jahrhunderten den jeweiligen zeitgenössischen Bau- und Kunststilen angepasst wurden. 1517 wurde die Kirche im gotischen Stil erneuert, berichtete Lechner, bevor Sabine Zeitner-Kumpfmüller über den Heimatpflegeverein informierte: „Auch wir wollen neue Wege beschreiten, daher freuen wir uns über neue Ideen und Unterstützer!“ Die Gemeindereferentin Veronika Ostermeier erteilte Gottes Segen für die Wanderer und für alle zukünftigen Wege.
Mit dem Segen ins Neue Jahr
Vitus Lechner führte die Gruppe durch den Wald in Richtung Reichersdorf. Lechner konnte bei der Erstellung des Heimatbuches über Tondorf bereits tiefe Einblicke in die Vergangenheit und Geschichte des Ortes gewinnen, der in einem windgeschützten Talkessel mit reichem Waldbestand liegt. Der Name Tondorf entwickelte sich aus Tanndorf. Die archäologischen Funde weisen auf eine frühe Besiedelung in der Bronzezeit hin. Zwischen Tondorf und Reichersdorf erinnert ein Weinfeld an den Weinanbau im Mittelalter, berichtete der Heimatpfleger.
Unterhalb Reichersdorf sammelte sich die Gruppe und lauschte Lechners Ausführungen: Reichersdorf wird erstmals in einer Tauschurkunde von 920 von Bischof Dracholf (907 bis 926) mit dem Edlen Adaloh als „Rihheresdorf“ genannt. Die Familie der Ebersberger Grafen war mit Bischof Ulrich von Augsburg verwandt, darum gibt es innerhalb ihres ursprünglichen Herrschaftsgebietes viele „Ulrichskirchen“. Die Filialkirche von Reichersdorf ist dem Heiligen Laurentius und Ulrich geweiht. Das Patrozinium bezieht sich auf die Ungarnschlacht bei Augsburg, da am Laurentiustag die Reiterheere der Ungarn mit Unterstützung von Bischof Ulrich endgültig geschlagen wurden.
Auf Wald- und Feldwegen kam die Gruppe zu wunderschönen Aussichtsplätzen. „Bei schönem Wetter eröffnet sich ein herrlicher Blick auf Alpenkette“, so Lechner. Im Wald bei Ostergaden sind für geübte Augen einige Grabhügel erkennbar.
Der Weg führte weiter Richtung Oed, einst ein mächtiger Bauernhof. Im hinteren Teil steht das ungefähr 300 Jahre alte Wohnhaus aus Holz, das einen besonderen Liebreiz ausstrahlt.
Im Veichtlhof von Martin Krojer angekommen, wurden die Wanderer mit besonderen Schmankerln und Punsch von Familie Berger empfangen.
Frisch gestärkt ging es auf die letzten Kilometer, nicht bevor ein „Herzliches Dankeschön“ an Familie Berger und Krojer ausgesprochen wurde.
Die Kapelle vom Talmairhof wurde aus traurigem Anlass errichtet. Alle fünf Söhne vom Talmairhof kehrten 1812 vom Russlandfeldzug mit Napoleon nicht mehr heim. Damals zogen Soldatenwerber übers Land und warben die jungen Männer mit Freibier und allerlei Versprechungen zum Soldatendienst an. Vitus Lechner legte noch einen Halt beim Feldkreuz am Kirchenweg von Unterlenghart nach Tondorf ein. Der Weg wird auch Totenweg genannt, da hier die Särge auf dem Ochsenkarren zur Kirche und dem Friedhof transportiert wurden.
Mit einem einzigartigen Blick über die Holzgrabensiedlung ins Isartal verabschiedete Lechner die Wanderer und verwies auf weitere Wanderungen im Jahreslauf.
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